Für die meisten Deutschen ist der Bau des Eigenheimes die größte Investition ihres Lebens. Grund genug, nichts dem Zufall zu überlassen und mit kritischem Blick die Bauarbeiten von Beginn an zu begleiten. Doch stößt selbst der gut informierte Häuslebauer mitunter sehr schnell an seine Grenzen. Der Grund: Moderne Häuser werden immer komplexer. Höchste technische Standards verlangen nicht nur handwerklich perfekte Ausführung sondern auch ein ausgesprochen hohes Maß an theoretischem Fachwissen. Aus diesem Grund empfiehlt der „Verein zur Qualitäts-Controlle am Bau e.V. (Göttingen) grundsätzlich eine baubegleitende, unabhängige Betreuung eines Neubaus durch Sachverständige.
Mehr als 25.000 Einfamilienhaus-Baustellen haben die unabhängigen VQC-Ingenieure seit Gründung des Vereins 2005 begleitet und können dabei nicht nur Gutes berichten. „Obwohl auf Deutschland Baustellen meist gute Arbeit geleistet wird, steckt der Fehlerteufel oftmals im Detail – nicht selten mit fatalen Folgen für den Bauherren“, so Udo Schumacher-Ritz, Vorstand des Vereins zur Qualitäts-Controlle am Bau e.V. Oftmals handelt es sich nach Aussage von Schumacher-Ritz bei den Bausünden um kleine Nachlässigkeiten, die – wenn sie früh erkannt werden – mit ebenso kleinen Nachbesserungen verhindert werden können. Aktuell sind 40 Sachverständige für den VQC e.V. tätig.
Das VQC-Prinzip: Begleiten, Beraten, Fehler vermeiden
Während die Gutachter im Baugewerbe oft erst dann zur Stelle sind, wenn das Kind bereits in den Brunnen gefallen ist – wenn also Schäden oder Baumängel zu Tage getreten sind – verfolgt der VQC einen gänzlich anderen Ansatz. VQC-Sachverständige begleiten Bauvorhaben grundsätzlich von Anfang bis Ende des Bauvorhabens und kontrollieren dabei jeweils die wichtigsten Bauabschnitte. Der Vorteil dieser präventiven Vorgehensweise liegt auf der Hand: „Fehler vermeiden, anstatt im Nachgang für viel Geld (und mit viel Ärger) sanieren“, so Schumacher-Ritz weiter. Das gibt dem Bauherren ein gutes Gefühl der Sicherheit und last but not least ein – im Idealfall – mängelfreies Haus.
Kooperation statt Konfrontation
In den meisten Fällen beruhen die entdeckten Baumängel auf kleinen Nachlässigkeiten, die während der Verarbeitungsphase entstehen. „Die Ursache für Baumängel liegt nur selten in der Verwendung mangelhafter Baumaterialien oder gar an groben Nachlässigkeiten. Meist reicht von daher ein kurzes Gespräch auf Augenhöhe mit dem Handwerker und das erkannte Problem tritt aktuell und in der Zukunft nicht mehr auf“, so Schumacher-Ritz. Damit befinden sich die VQC-Sachverständigen und die ausführenden Handwerker in einem kontinuierlichen Optimierungs-Prozess. Nur so kann auf Dauer der nach wie vor hohe Qualitätsstandard auf deutschen Baustellen gewährleistet werden, ist sich der VQC-Vorstand sicher.
„Auffallend häufig treten derzeit Mängel auf, die durch immer extremere Wetterlagen verursacht werden und so bis vor einigen Jahren noch nicht bekannt waren“, sagt der VQC-Vorstand weiter. Solche Erfahrungen wurden in jüngster Zeit unter anderem auch bei der Fenster-Montage gemacht. „Traditionelle Verarbeitungs-Techniken haben hier ausgedient“, so Schumacher-Ritz.
Industrie und Lehre profitieren von VQC-Erfahrungen
Doch nicht nur die Kooperation mit den Handwerkern ist der Schlüssel zum Erfolg. Permanente Schulungen und Gespräche mit der Industrie hatten bereits ihre positiven Konsequenzen. „Wir sind sehr daran interessiert, unsere Erfahrungen der letzten 60.000 Begehungen auch der Industrie weiter zu geben“. Udo Schumacher-Ritz ist davon überzeugt, dass nur durch einen offenen Umgang ein nachhaltiges Qualitäts-Management zu erreichen sei. Zahlreiche Industrie-Standards – seien es Verarbeitungs-Methoden oder Materialqualität – sind mittlerweile auf die Erfahrungen der VQC-Gutachter zurückzuführen.
Und genau dieser qualitätssichernde Ansatz war es auch, der die Sachverständigen des VQC e.V. mit dem Bad Langensalzer Fensterbau-Unternehmen TMP zusammen brachte. Das Thüringer Fensterbau-Unternehmen kooperiert bereits seit geraumer Zeit mit der Göttinger Sachverständigen-Organisation. Ziel: Der Aufbau einer bundesweiten Kooperation mit dem VQC, um eine weitere Qualitätsverbesserung beim Einbau von TMP Fenster und Türen zu erlangen“, so TMP-Geschäftsführer Bernhard Helbing, der zudem Präsident des Verbandes Fenster und Fassade e.V. und Vorsitzender der RAL – Gütegemeinschaft Fenster und Haustüren ist. So sei geplant, dass der VQC als unabhängige Institution zukünftig auf TMP-Baustellen die Kontrolle übernehmen soll. Doch nicht nur Industrie und Handwerk profitieren von dem Know-how des VQC. Seit geraumer Zeit lehren Sachverständige des VQC an der Universität Kassel – Zentrum für Umweltbewußtes Bauen.
Neue Qualitäts-Standards durch VQC
Erste Erfolge der Kooperation mit Industrie und Handwerk haben sich bereits eingestellt. Im Bereich besonders vom Schlagregen beanspruchter Fenster hat der VQC jetzt einen neuen Standard definiert, der auch von der Gütegemeinschaft Fenster und Haustüren übernommen wurde. Besonders die Fenster, die sich an exponierten Lagen befinden – also meist auf der Wetterseite – sind jahrzehntelang zum Teil extremen Witterungsbedingungen ausgesetzt und bieten entsprechende Angriffsfläche. Die möglichen Schäden – besonders bei einsetzender Schimmelbildung – sind groß und die Möglichkeiten, diese durch einfache Maßnahmen zu verhindern ebenso einfach wie kostengünstig.
Hierfür versuchen die VQC-Sachverständigen in Zusammenarbeit mit Bauträgern und Bauindustrie neue Standards auf den Baustellen durchzusetzen. Mit Erfolg: Im Fall der schlagregenbeanspruchten Fenster wird darauf geachtet, dass unterhalb der Fensterbank am unteren Anschluss zum Mauerwerk eine wannenförmige Abdichtung ausgebildet wird. Dabei ist die Abdichtung in Form einer Dichtungsbahn (EPDM-Folie) einfach einzubauen und effektiv zugleich. Voraussetzung für ein funktionierendes System ist natürlich auch eine dauerhafte, schlagregenfeste Ausbildung der Putzanschlüsse.
Diese – von der Gütegemeinschaft Fenster und Tür empfohlene und vom VQC in Zusammenarbeit mit einem führenden Fensterhersteller optimierte Methode – ist allerdings in Deutschland bislang nicht standardisiert. Nach wie vor begehen viele Handwerker den Fehler und dichten den Übergang zwischen Mauerwerk und Fenster nicht mit der notwendigen Nachhaltigkeit ab. „Ein Kardinalfehler, den Jahre später meist der Bauherr teuer bezahlen muss“, so Udo Schumacher-Ritz, Vorstand des VQC. Weiter weist der VQC darauf hin, dass die Witterungsverhältnisse in den letzten Jahrzehnten immer extremer wurden – Tendenz steigend. Von daher der VQC-Tipp: Bauherren sollten sich informieren, in welcher der drei Schlagregenzonen sich die Immobilie befindet. Je nach Kategorisierung ergibt sich dann mitunter ein besonders großer Bedarf an einer kompromisslosen Abdichtung.
Zwei Montage-Tipps von VQC-Vorstand Udo Schumacher-Ritz:
Die Aufgabe und Funktion von Fenstern haben sich in den letzten Jahren und Jahrzehnten grundlegend gewandelt. Waren Fenster früher ausschließlich für die Belichtung der Räume und dem Wetterschutz zuständig, rücken heute die Faktoren Schlagregendichte, Wärmedämmung, Einfangen von Energie und Luftdichtigkeit immer mehr in den Vordergrund. Das hat auch Konsequenzen für die Montage-Standards
Beispiel 1:
Um einen ausreichenden Schlagregenschutz zu gewährleisten, muss bei der Fenster-Montage eine EPDM-Folie zwischen Mauerwerk und Fenster gefügt werden. Zwar werden nahezu 95 Prozent des Schlagregens über das Fensterbrett abgeführt, doch reichen die verbliebenen fünf Prozent aus, um das Mauerwerk zu durchfeuchten und Schäden anzurichten. Bei Klinkerbauten empfiehlt der VQC e.V. eine mindestens 1,2 mm starke EPDM-Folie. Ansonsten gibt es Seitens des VQC keine speziellen Normungen beim Einsatz der Folien. Wichtig ist es jedoch, dass die Folie sauber verarbeitet wird und ausreichend großflächig verarbeitet wird. Diese sogenannte zweistufige Abdichtung ist die – was den Materialeinsatz betrifft – günstigste Lösung und auch leicht umzusetzen. Einen ebenfalls zuverlässigen Schutz vor Schlagregen und extreme Wetterlagen bieten nach Erfahrung des VQC Fensterbank-Bordstücke, die das Regenwasser zu 100 Prozent abführt.
Diese einstufige Abdichtung ist zwar etwas kostenintensiver, verursacht aber keinen zusätzlichen Montage-Aufwand. Oftmals wird der Aspekt des Schlagregenschutzes nicht im gebührenden Maße berücksichtigt. Erschwerend kommt hinzu, dass es keine normierten Verarbeitungsstandards gibt. Hier hat der VQC gemeinsam mit dem TÜV Süd jedoch einen Standard erarbeitet, der nach und nach von der Industrie und Handwerkern übernommen wird.
Beispiel 2:
Ein ebenfalls häufig gemachter Montage-Fehler: Wird das für die Luftdichtigkeit notwendige Fenster-Dichtungsband auf einen unverputzten (versiegelten) Hochlochziegel gelegt (Foto 2), kann nichts Gutes bei raus kommen. Das Band verliert in diesem Fall schlicht seine Effektivität. VQC-Sachverständige melden auf Baustellen hier immer wieder Bedenken an und fordern ein Verputzen und damit Versiegeln der Hochlochziegel.
Der VQC-Tipp: Es gibt in Deutschland derzeit drei „Schlagregenzonen“. Je nach zu erwartender Regenintensität steigt der Bedarf an einer kompromisslosen Fensterabdichtung. Die herkömmliche Einbaumethode ist oftmals ungenügend.